14.06.2023 05:30:00 / Verfasst von Margarita Núñez
Umfangreicher Leitfaden für die Beantragung von Übersetzungsdienstleistungen
Möchten Sie zum ersten Mal Übersetzungsdienstleistungen in Anspruch nehmen? Dann sind Sie hier genau richtig! Im Folgenden werden wir Ihnen den Ausschreibungs- und Beschaffungsprozess und alles, was Sie darüber wissen müssen, im Detail erläutern.
Keine Zeit zum Lesen? Dann laden Sie einfach direkt unsere Fragen für die Ausschreibung eines Übersetzungs- und Lokalisierungsprojekts herunter.
Was ist eine Leistungsanfrage?
In einer Leistungsanfrage (oder Request for Information, RFI) werden potenzielle Sprachdienstleister (oder Language Service Providers, LSP) um allgemeine Informationen über ihr Unternehmen gebeten. Im Bereich Lokalisierung sollte diese einen Überblick über Folgendes bieten:
- das Unternehmen
- die finanzielle Situation
- das Dienstleistungsangebot
- das Sprachangebot
- die speziellen Branchenerfahrungen
Ziel einer solchen Anfrage ist es, Daten über verschiedene potenzielle Lieferanten zu sammeln und diese zu vergleichen, um so herauszufinden, welcher Dienstleister am besten zu Ihnen passt.
Die Zuständigkeit liegt in der Regel bei der Beschaffungsabteilung eines Unternehmens. An einer Leistungsanfrage sind üblicherweise eine Vielzahl von Instanzen beteiligt, die alle unterschiedliche Ziele verfolgen. So kann es beispielsweise der Fall sein, dass:
- die oberste Führungsebene Prozesse vermehrt mithilfe von Technologien automatisieren möchte.
- die Finanzabteilung beabsichtigt, Ausgaben zu reduzieren.
- die IT-Abteilung eine bessere Integration zwischen allen Systemen anstrebt.
- die Lokalisierungsabteilung die neuesten TMS-Technologien erfordert.
Die Gründe, weshalb ein Unternehmen einen solchen Ausschreibungsprozess auf den Weg bringt, sind dabei ganz individuell.
Sie umfassen beispielsweise:
- die Ausweitung oder Reduzierung des Sprachdienstleister-Portfolios;
- den Bedarf an neuen Sprachen für die Übersetzung;
- die Nachfrage interner Teams nach neuen Dienstleistungen, die für das Unternehmen benötigt werden.
Nachdem die Beschaffungsabteilung alle Antworten verglichen hat, erstellt sie eine Liste mit vorausgewählten Sprachdienstleistern, die ihren Kriterien entsprechen. Anschließend werden diese mit einer Angebotsanfrage kontaktiert.
Was ist eine Angebotsanfrage?
Eine Angebotsanfrage (oder Request for Proposal, RFP) ist der nächste Schritt im Ausschreibungsverfahren. Sie wird von der Beschaffungsabteilung des Unternehmens an die vorausgewählten potenziellen Lieferanten geschickt. Das Ziel einer solchen Anfrage ist die Beschaffung von Dienstleistungen – in diesem Fall ganz spezifisch von Übersetzungs- und Lokalisierungsdienstleistungen. Hierfür werden die Sprachdienstleister vom Unternehmen aufgefordert, ein konkretes Angebot zu übermitteln.
Da jedes Unternehmen vor anderen Herausforderungen steht, gibt es viele Gründe für eine solche Ausschreibung – von der Kostensenkung bis hin zur Zentralisierung von Prozessen.
Wir glauben, dass eine erfolgreiche Angebotsanfrage dabei drei Dinge umfassen sollte:
1. Sie sollte die Ziele des ausschreibenden Unternehmens erläutern.
Geben Sie also genau an, worin der Zweck Ihrer Ausschreibung besteht, wie z. B.:
- die Senkung der derzeitigen Übersetzungskosten;
- die Ausweitung des Sprachdienstleister-Portfolios;
- das Benchmarking der bisher gezahlten Preise mit dem Branchenstandard;
- die Zentralisierung der Lokalisierungsprozesse am Hauptsitz Ihres Unternehmens;
- die Integration von CMS und TMS über mehrere Standorte hinweg;
- die Einführung von maschineller Übersetzung (Machine Translation, MT) in Ihrem Unternehmen;
- die Optimierung der Übersetzungsqualität.
2. Sie sollte die Mindestanforderungen festlegen, die ein Sprachdienstleister erfüllen muss, um sich zu qualifizieren.
Auf diese Weise können potenzielle Lieferanten selbst entscheiden, ob sie geeignet sind oder nicht, bevor sie auf eine Ausschreibung antworten. Entscheidende Faktoren sind beispielsweise:
- ein gewisser Umsatz, den das Dienstleistungsunternehmen jährlich erzielen muss;
- Standorte in denselben Städten wie das ausschreibende Unternehmen;
- vorhandene ISO-Zertifizierungen;
- nachgewiesene Erfahrung in der gleichen Branche;
- eine bestimmte Anzahl von Übersetzern pro Sprache;
- die Erbringung spezifischer Dienstleistungen (Lokalisierung, Terminologie, maschinelle Übersetzung);
- die angebotenen Sprachkombinationen;
- die Anzahl der Dateiformate, die vom Dienstleister unterstützt und verarbeitet werden können;
- die Integration mit aktuellen CMS und TMS.
3. Sie sollte die Kriterien für die Auswahl der Sprachdienstleister festlegen.
Die Kriterien können dabei Folgendes umfassen:
- Preis
Hat der Dienstleister das Potenzial, um mit neuen Technologien die Übersetzungs- und Lokalisierungskosten im Laufe der Zeit zu senken?
Welchen Mehrwert (Dienstleistungen, Technologie usw.) bietet der Dienstleister? - Qualität
Wie umfangreich ist die Qualitätssicherung während des Lokalisierungsprozesses?
Über welche ISO-Zertifizierungen (ISO 9001 und ISO 17100) verfügt der Dienstleister? - Bearbeitungszeit
Wie viele Wörter können pro Jahr geliefert werden?
Wie umfangreich ist der Kundensupport? - Innovation
Ist der Sprachdienstleister bestrebt, stets die neuesten Tools und Technologien der Branche einzusetzen?
Wie gut werden solche Tools und Technologien auf den eigenen Lokalisierungsprozess angewendet?
Was ist eine elektronische Auktion?
Dieser Schritt erfolgt erst, nachdem die Antworten der einzelnen potenziellen Lieferanten sorgfältig geprüft wurden. Alle, die die Kriterien erfüllen, werden anschließend für die Teilnahme an einer elektronischen Auktion – auch „umgekehrte Auktion“ genannt – ausgewählt. Das Ziel einer solchen Auktion ist es, genau den Dienstleister zu finden, der dem Unternehmen die besten preislichen Konditionen bietet. Eine elektronische Auktion wird dabei in der Regel nur von sehr großen Unternehmen durchgeführt, die jährlich Millionenbeträge für Übersetzungen ausgeben.
Üblicherweise gelten für elektronische Auktionen folgende Voraussetzungen:
- Die Teilnahme ist nur auf Einladung möglich.
- Die Auktion findet an einem festen Datum statt.
- Die Dauer der Auktion ist zeitlich begrenzt.
- Die Auktion findet über ein E-Auktions-Tool statt.
- Es gibt vordefinierte Regeln.
- Die Währung wird vorab festgelegt.
Was ist ein Dienstleistungsrahmenvertrag?
Wenn die während der elektronischen Auktion eingereichten Preisvorschläge vom Unternehmen akzeptiert werden, findet ein persönliches Treffen statt, bei dem der Entwurf eines Dienstleistungsrahmenvertrags (oder Master Service Agreement, MSA) besprochen wird. Ein Dienstleistungsrahmenvertrag ist dabei nichts anderes als ein Vertrag zwischen einem Unternehmen und seinem Sprachdienstleister.
Der Dienstleistungsrahmenvertrag:
- definiert die Bedingungen der Geschäftsbeziehung;
- spiegelt die vereinbarten Preise für die Dienstleistungen wider;
- spezifiziert die Vereinbarungen (oder Service Level Agreements, SLA) zwischen dem Dienstleister und dem Unternehmen;
- erläutert die für das Unternehmen verfügbaren Vergünstigungen;
- gibt die Laufzeit des Vertrags an, wie z. B. 1 bis 3 Jahre (in der Regel mit der Option zur Verlängerung);
- definiert die Bedingungen für den Arbeitsumfang (oder Scope of Work, SOW) größerer Projekte;
- legt die Verantwortlichkeiten des Sprachdienstleisters für jeden Auftrag fest;
- enthält Informationen über den zuständigen Ansprechpartner in Eskalationsfällen.
Wenn Sie Hilfe beim Verfassen Ihrer Fragen für die Ausschreibung Ihres Übersetzungs- und Lokalisierungsprojekts benötigen, klicken Sie hier für unseren kostenlosen Download.
Verfasst von Margarita Núñez
Margarita ist Vice President, Marketing and Business Development bei SimulTrans. Sie ist verantwortlich für die Bereiche digitales Marketing und Business Development, mit einem besonderen Fokus auf der Entwicklung digitaler Marketingstrategien zur Unterstützung des Unternehmenswachstums. Die gebürtige Spanierin hat einen Bachelor in Kunstgeschichte und einen Master in European Studies.